Eisbaden ist neuerdings im Trend. Dabei hat es eine lange und interessante Geschichte. Auch ohne die sozialen Medien wie Instagram und Twitter wussten frühere Menschen von der stärkenden Wirkung des kalten Wassers für Körper und Geist. Man denke nur an die Einwohner/-innen der Fjorde mit ihren Wikingerbooten oder an die religiösen Riten. Das Eintauchen in Eiswasser hat also kulturelle Tiefen.
Die Wikinger: Ein Volk, das auf Stärke und Furchtlosigkeit setzte, lebte in einem rauen und eher ungemütlichen Klima. Doch die Wikinger schufen sich mithilfe dieses Klimas einen Verbündeten: Es heißt, dass die Wikinger in die eiskalten Wasser sprangen, um ihren Körper und ihre Geisteskraft zu stärken, um ihre Sinne zu schärfen und ihre körperliche Widerstandsfähigkeit zu steigern.
Aber nicht nur das: Für die Wikinger war das eiskalte Wasser ein Teil ihrer Rituale. Sie waren der Meinung, dass die Kälte nicht nur den Körper von Schweiß und Schmutz säubert, sondern auch den Geist säubern könne. Ob es vor einer Schlacht war oder nach einer anstrengenden Reise – das Bad im kalten Wasser war für die Wikinger auch ein Lebensgefühl.
In Russland und in vielen osteuropäischen Ländern hat das Eisbaden eine ähnlich lange Tradition. Insbesondere in der orthodoxen Kirche spielt kaltes Wasser eine bedeutende Rolle. Jedes Jahr im Januar, anlässlich des Festtages der Taufe Christi, nehmen die Teilnehmer solcher Eisbadeereignisse in Seen oder Flüssen eiskalte Abkühlungen.
Zu diesem Ritual gehören nicht nur die Herausforderung des Körpers an die Kälte, sondern auch das Abwaschen von Sünden und das Gewinnen von spiritueller Stärke. Solche Rituale werden häufig in Gemeinschaft begangen, und die Kraft des gemeinsamen Erlebnisses erhöht mitunter das Gefühl der Reinigung und des Neubeginns.
Auch in Japan spielt kaltes Wasser eine historische Rolle, besonders bei den Samurai. Diese Krieger waren bekannt für ihre Disziplin und ihren unerschütterlichen Geist. Ein Teil ihres Trainings bestand darin, sich der Kälte zu stellen.
Das „Misogi“-Ritual, bei dem kaltes Wasser über den Körper gegossen wird, diente nicht nur der körperlichen Stärkung. Es sollte auch den Geist reinigen und den Fokus schärfen. Diese Praxis ist tief in den Shinto- und Zen-Traditionen verwurzelt und wird in Japan noch heute von vielen Menschen praktiziert.
Einst Frage des Überlebens oder religiöses Ritual, hat das Eisbaden im Laufe der Jahrhunderte andere Verwendungszwecke gefunden. Im 19. Jahrhundert brachte Sebastian Kneipp, ein deutscher Naturheiler, die Kältetherapie unter die Menschen. Der Mann war so sehr davon überzeugt, dass die Anwendung von Kaltwasser nicht nur erfrischend wirkt, sondern auch gegen viele Krankheiten hilft. Die Menschen haben es für mehrere Generationen angenommen.
Heute erlebt das Eisbaden ein Revival – und zwar nicht nur im eisigen Fluss oder See, sondern oft auf moderne Weise, nämlich in einem sogenannten Eisfass oder Eisbecken. Der Effekt bleibt gleich: Ob man, wie ein echter Wikinger, mutig ins Wasser springt oder auf Kosten eines Wellnesszentrums auf der sicheren Seite ist – die Prozedur belebt sicherlich, hebt die Laune und das Adrenalin.